ACTRIS Atmospheric Simulation Chamber Community (ASCC) Workshop und ATMO-ACCESS Projekttreffen
ACTRIS Atmospheric Simulation Chamber Community (ASCC) Workshop und ATMO-ACCESS Projekttreffen
Um massenspektrometrisch nachweisbar zu sein, müssen die Moleküle einer Stoffprobe zunächst in geladene Teilchen (Ionen) überführt werden. Dieser Prozess wird "Ionisation" genannt. Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Ionisationsmethoden, die sich unterscheidende Eigenschaften haben. Die Wahl einer für eine massenspektrometrische Analyse einer bestimmten Stoffprobe geeigneten Ionisationsmethode ist daher sehr wichtig für die Zuverlässigkeit der Analyseergebnisse.
Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal verschiedener Ionisiationsmethoden ist der Druck bei dem die Ionisation stattfindet. Bei einem sehr großen Teil der massenspektrometrischen Analysen im Umfeld der Biologie, Medizin und verwandten Disziplinen findet die Ionisation bei atmosphärischem Hintergrunddruck (Atmospheric Pressure - AP) statt. Diese Ionisationsmethoden werden häufig als Atmospheric Pressure Ionisation (API) Methoden zusammengefasst und bieten spezifische Vorteile wie beispielsweise die einfache Kompatibilität zu Flüssigkeitschromatographischen (Liquid Chromatography - LC) Trennsystemen. Im Gegensatz dazu gibt es eine ganze Reihe von Ionsiationsmethoden die bei deutlich vermindertem Umgebungsdruck arbeiten.
Die PTC erforscht viele verschiedene Ionisationsmethoden vor allem im Hinblick auf die chemischen und physikalischen Bedingungen denen neutrale Ausgangsmoleküle und die erzeugten Ionen während und nach der Ionisation ausgesetzt sind und die zu ungewollten Umwandlungsprozessen in und nach der Ionenquelle führen können. Die physikochemischen Bedingungen bestimmen ganz maßgeblich welche Interferenzen durch die gewählte Ionisationsmethode auftreten können. Eine tiefere Kenntnis der chemischen Prozesse eröffnet Wege diese Interferenzen zu verstehen und gegebenenfalls zu unterdrücken.
Elektrospray ist sicherlich die wichtigste Ionisationsmethode bei Atmosphärendruck (AP) mit einer überragenden Bedeutung für die Anwendbarkeit der Massenspektrometrie im Bereich der Lebenswissenschaften. Eine Lösung des nachzuweisenden Stoffes (Analyt) wird in einem starken elektrischen Feld versprüht. Dabei entstehen Flüssigkeitstropfen, die Ionen des Analyt enthalten, welche durch elektrochemische Prozesse entstanden sind. Diese geladenen Flüssigkeitstropfen verdampfen und fragmentieren durch elektrodynamische Prozesse. Schließlich werden als Produkt dieses Prozesses auf verschiedene Weise Ionen des Analyten aus den Tropfen freigesetzt, die im Massenspektrometer nachgewiesen werden können.
Der Verdampfungs- und Freisetzungsprozess ist sehr komplex und nach wie vor Gegenstand der aktuellen Forschung. Es hat sich gezeigt, dass dieser Prozess im Allgemeinen nicht in der Ionenquelle abgeschlossen wird, sondern größere Mengen geladener Flüssigkeitstropfen in die Transfersysteme moderner Massenspektrometer gelangen können. Dies hat zur Folge, dass diese aspirierten geladenen Tropfen hier niedrigen Drücken und starken elektrischen Feldern ausgesetzt sind. Weiterhin gelangen vergleichsweise große Mengen der flüssigen Probenlösung in die Vakuumsysteme der Instrumente. Bislang ist wenig über die genauen Konsequenzen der Aspiration von geladenen Flüssigkeitstropfen in Massenspektrometer bekannt.
Aus diesem Grund untersucht die PTC die Dynamik der aus ESI resultierenden Flüssigkeitstropfen in Einlasssystemen von Massenspektrometern. Durch experimentelle Beobachtungen von Tropfen mit verschiedenen Methoden in Kombination mit detaillierten numerischen Modellierungen der internen Dynamik und der Bewegung von Flüssigkeitstropfen, versuchen wir ihr Verhalten in den Instrumenten zu verstehen und Erkenntnisse über die Konsequenzen ihrer Präsenz zu gewinnen.
Eine elegante Möglichkeit der Ionisation von organischen Molekülen ist die Interaktion mit elektromagnetischer Strahlung in Form von Licht. Die Absorption von Lichtquanten im UV Bereich durch solche Moleküle führt zur Anregung von Elektronen der äußeren Elektronenhülle in angeregte Zustände und gegebenenfalls auch zur Überschreitung des Ionisationspotentials und damit zur Photoionisation. Da dieser Prozess nur die Interaktion von Licht mit individuellen Molekülen benötigt, kann Photoionisation sowohl bei großem als auch bei sehr kleinem Gasdruck stattfinden.
Je nach verwendeter Intensität und Wellenlänge des verwendeten Lichts gibt es im Detail viele verschiedene Möglichkeiten der Photoionisation. Typische Ionisationspotentiale organischer Moleküle liegen im Bereich von 10eV. Wird diese Energie in einem Schritt von nur einem einzelnen Photon aufgebracht, ergeben sich benötigte Wellenlängen von etwa 120nm, was im Vakuum UV (VUV) Bereich liegt und von speziellen Gasentladungs-Lichtquellen bereitgestellt werden kann. Alternativ ermöglicht die Verwendung einer sehr großen Photonendichte, wie sie durch einen gepulsten Laser bereitgestellt werden kann, auch eine Ionisation über einen schrittweise Absorption mehrerer Photonen. Geschieht dieser Mehrstufige Prozess über resonante quantenmechanische Zustände im Molekül spricht man von Resonance Enhanced Multi Photon Ionization (REMPI).
Photoionisationsmethoden haben im Vergleich zu anderen Verfahren für die Ionisation bestimmter Substanzklassen große spezifische Vorteile, wie beispielsweise sehr große Selektivität bei REMPI. Die PTC beschäftigt sich daher schon seit vielen Jahren mit den besonderen Eigenschaften verschiedener Photoionsationsmethoden und versucht aus der genauen Kenntnis dieser Charakteristiken Schlüsse für die analytische Anwendung dieser Methoden zu ziehen. Weiterhin erlauben laserbasierte Photoionisationsverfahren auch die sehr präzise Kontrolle über den Ort und die Zeit der Ionisation, was für spezielle Experimente genutzt werden kann, die beispielsweise helfen die Stömungsdynamik innerhalb der Ionenquelle aufzuklären.
Chemische Ionisationsverfahren basieren auf einer Übertragung von Ladung von Primärionen einer Reaktantsubstanz auf die Analytmoleküle durch chemische Reaktionen. Die für diesen Prozess benötigten Primärionen werden durch andere physikalische Wechselwirkungen, wie beispielsweise Gasentladungen erzeugt. Chemische Ionisation (CI) kann bei Atmosphährendruck (APCI) aber auch bei deutlich kleinerem Hintergrunddruck stattfinden. Im Gegensatz zur Photoionisation benötigt CI allerdings zwingend eine direkte Reaktion zwischen Primärionen und Analytmolekülen, also auch einen gewissen Mindestdruck in der Ionenquelle.
CI zeigt spezifische Charakteristiken, die von den genauen Bedingungen, wie beispielsweise Wahl der Primärionisationsmethode, der Wahl der Reaktandsubstanz und dem zu ionisierenden Analyten, abhängen. Da eine CI Ionenquelle zwangsläufig eine chemisch reaktive Umgebung darstellt, sind insbesondere die teilweise komplexen ablaufenden chemische Mechanismen ein aktives Gebiet der Forschung.
Die PTC beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit diesen Grundlagen chemischer Ionisationsverfahren. Aus diesem Grundlagenwissen lassen sich dann für einzelne analytische Anwendungen angepasste chemische Ionisationsverfahren finden, die beispielsweise neuartige Primärionisationsmethoden verwenden oder chemische Interferenz minimieren.